Sonntag, 24. April 2016
zu voll.
An manchen Tagen frisst es mich auf. Ich kann nicht mit jemandem in einem Raum sein, weil alles, was derjenige tut, mich wütend macht. Ich kann nicht alleine sein, weil ich dann sofort falle. An solchen Tagen weiß ich nicht, was ich machen soll.

"Was erwarten Sie denn von dieser Therapie?"
Es sollte verboten sein, in der bescheurten Ausbildung und im Studium dieser Menschen verteufelt werden, diese verf*ckte Frage am Anfang eines Gespräches zu stellen!
Was erwarte ich denn wohl? Ich bin hier, weil ich Hilfe brauche, weil ich es alleine nicht schaffe, zu leben. Weil meine Familie, meine Freunde, überfordert sind, weil sie mir nicht helfen können, wollen oder zu erschöpft sind um es zu tun.
"Nach über zehn Jahren kann man doch mal langsam erwarten, dass es besser wird mit ihr, oder?"
Nein, wird es nicht, ist es nicht geworden. Es wird schlimmer. Es gab Zeiten, da ging es, war nicht so sichtbar, war nicht so krass, war nicht so anstrengend. Aber der Mist ist mit mir gewachsen, hat sich angepasst und sich weiter entwickelt. Es fühlt sich fast an, als hätte die Krankheit mich fester im Griff als jemals zuvor. Es wird langsam ernster. Unter achtzehn Jahren interessiert es noch mehr Stellen, die dann bereit sind, zu helfen. Bist du vor dem Gesetz 'erwachsen', ist es den Leuten egal.
Ich bin ein Anhängsel, eine gescheiterte Existenz. Nicht in einem Rutsch durch bis zum Abi, dann Ausbildung oder Studium, dann Job. Weit davon entfernt. Pseudo-Abi auf dem gefühlt fünften Bildungsweg, Ausbildung, mit der man keinen Job findet, zweite Ausbildung abgebrochen weil mein Vater ja unbedingt in diesem Jahr sterben musste und ich, obwohl ich keinen Kontakt zu ihm hatte, mit der ganzen Sche*ße nicht klar kam. Ein Jahr im Service gearbeitet, dann den Vertrag nicht verlängert weil ich zu oft krank war.
Ich kann nicht nochmal eine betriebliche Ausbildung anfangen, ich komme in der Berufsschule nicht klar und schaffe auch keine Vollzeit. Eine schulische Ausbildung kann ich nicht finanzieren und nach all den Jahren Bafög, die ich schon für nichts und wieder nichts verbraten habe, finanziert das auch kein anderer mehr.

Was erwarte ich von einer Therapie...
Helft mir. Macht irgend etwas. Ich kann alleine nicht leben. Es ist zu schwer für mich.
"Also, ihr Leben komplett veränden können wir hier natürlich nicht, ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen..."
Warum seid ihr dann in diesem Job? Ich weiß nicht, was ich tun soll. Das ist das Problem. Ich stehe in einer Sackgasse mit zehn Meter hohen Mauern. Ich brauche Hilfe. Ich komme hier nicht raus, nicht alleine.
Ich will da raus. Ich will leben. Warum ist es so schwer, dass ich jeden Tag darum kämpfen muss, es noch zu wollen?

Die kleinsten Dinge machen mich fertig, die größten helfen mir nicht auf. Jedes bisschen Druck lässt mich nicht schlafen, alles, was von mir verlangt wird, wächst zu einem riesigen Steinklumpen, der an meinem Rücken festklebt.

Jammern hilft nicht. Natürlich nicht. Aber das alles zu beschreiben, hilft mir. Vielleicht. Ein bisschen. Irgendwann.

Ich habe das Gefühl, ich laufe über. Es ist ein Chaos in mir, das eigentlich zu groß ist für mich und überall rausplatzt, ich bin viel zu voll und gleichzeitig leer, weil nichts von alldem mir bei irgendetwas hilft.

Deprimierte Wall of Text, die Dritte.
Aber dafür habe ich diesen Pseudo-Blog gemacht.

"Reiß dich mal zusammen"
"Anderen geht es viel schlechter"
"Was willst du denn, dein Leben ist doch ok, du musst dich nur mal ein bisschen zusammen reißen"
"Versuch mal, nicht alles so negativ zu sehen"
F*ckt euch, ihr, die ihr das zu Menschen sagt, die krank sind. sagt ihr das auch zu jemandem mit Grippe? "Versuch doch, mal kein Fieber zu haben", "Wenn du dich zusammen reisst, tut dein gebrochenes Bein bestimmt nicht mehr so weh"?
F*ckt euch hart.

Ich sehe keinen Ausweg. Ich brauche jemanden, der mir einen zeigt. Ich brauche Hilfe und nicht jemanden, der mir sagt, dass er mir ja igentlich nicht helfen kann.
Das, was ich tun konnte, war, dahin gehen und sagen, dass ich Hilfe brauche, dass ich es ändern will, dass ich da raus will. Mehr kann ich nicht. Zu mehr habe ich nicht die Kraft. Ich sehe keine einfache Lösung.
Ich war bei so vielen Therapeuten über all die Jahre. Ich will es wirklich. Ich will es ändern. Ich will die Krankheit bekämpfen. Aber ich schaffe es nicht alleine und für mich selbst.
Ich fühle mich, als säße ich in einem tiefen Brunnen, und oben am Rand sitzt jemand und ruft mir zu, dass ich doch eigentlich nur dort hinaus fliegen soll. Und anstatt mir das Seil, das derjenige in der Hand hat, zuzuwerfen und mir heraus zu helfen, wiederholt er das immer wieder...
"Flieg doch einfach, ist ganz leicht. Alle machen das so."

Ich habe keine Flügel. Aber da oben ist die Sonne. Da will ich hin.

... link (0 Kommentare)   ... comment